Hand auf’s Herz, denn ich möchte nicht drum herum reden: Die Lage ist fatal! Ich stehe für eine soziale und ökologische Politik, da muss ich mir vorwerfen lassen, dass das meist nicht günstig ist. Jupps, das möchte ich nicht verneinen, aber mit Sinn und Verstand ist das Alles machbar 🙂

Als die ersten Haushaltsberatungen im FiWi-Ausschuss der Gemeinde stattfanden zeichnete sich ein düsteres Bild. Der recht neue Kämmerer der Gemeinde zeigte einige Möglichkeiten auf, aber egal wie man es drehte, die Gemeinde stand auf der Schwelle der Überschuldung. In einem solchen Fall übernimmt die Kommunalaufsicht in Hannover. Wenn der Rat es mit der Verwaltung nicht schafft entweder zu sparen oder aber die Einnahmen drastisch zu erhöhen, dann wird es von oben aufdiktiert.

Kommunalpolitik ist echt anstrengend, denn in der Gemeinde unterliegt man so vielen Vorgaben: Der Bund stellt Regeln auf, das Land setzt noch welche oben drauf und der Kreistag sitzt einem ja auch noch im Nacken. Der Spielraum, je weiter man unten sitzt, wird immer kleiner.

Die höchsten Posten auf der Liste sind die Personalkosten. Soziale Verantwortung bedeutet aber auch einen soliden Tarifvertrag. Mit dem TVÖD steht dieser zur Verfügung. Die Erhöhungen im vergangenen Jahr treffen natürlich auch die Gemeinde. Ich möchte an dieser Stelle nochmal erwähnen, dass ich diese Erhöhungen für richtig, in Teilen sogar für zu gering halte, nichtsdestotrotz stellt das eine kleine Gemeinde wie Sande natürlich erneut vor Herausforderungen.

Der Tarifvertrag wird vom Innenministerium mit der Gewerkschaft Ver.di verhandelt. Horst Seehofer ist aktuell also für die öffentlichen Arbeitgeber zuständig. Leider stellt er m. M. n. nach den Verhandlungen mit Ver.di die logische Nacharbeit ein: Die große Politik muss sich Gedanken darüber machen, wie die kleinen Gemeinden diese Mehrkosten aufbringen können.

Da man allerdings allein gelassen wird, stehen wir selbst mit unseren Mitteln da, aber viele Möglichkeiten gibt es nicht. Ausgaben? An den Schulen sparen? Für mich undenkbar! Auch die Sozialstation darf in meinen Augen nicht schließen. Die Straßensanierung staut sich ohnehin schon etwas an und mancherorts denkt man, man fährt auf dem Mond spazieren.

Wichtig wäre es also nach Prioritäten zu arbeiten! In der Grundschule müssen Arbeiten am Brandschutz durchgeführt werden, das ist essentiell! Aber was ist denn bitte mit dem Rathaus-Vorplatz? Verzeihen Sie mir den Spaß, aber mich erinnert die Neugestaltung immer etwas ans Teleshopping:

Und wenn Sie JETZT anrufen, dann bekommen Sie noch diese nützliche Popo-Dusche gratis dazu und zahlen nur den Knaller-Preis von 45.000 €uro! SIE SPAREN 130.000 €URO!!!!11!!!!EINSELF!1!Profi-Tipp: Wenn ich nicht anrufe, dann spare ich 175.000 €uro! … SPD-Kommunalpolitiker hassen diesen Trick 😉

Es ist ja schön, dass man noch einen Fördertopf anzapfen konnte und sich 130.000 Euro gespart hat. Dennoch muss man selbst 45.000 Euro in die Hand nehmen! Und der Platz war vllt. nicht super modern und schön, aber er erfüllte seinen Zweck und vor allem war das Rathaus bereits barrierefrei erreichbar.

Anfang des Jahres kam dann die erlösende Nachricht: Weitere Investitionen sind förderwürdig, man schaffe also einen ausgeglichenen Haushalt. HURRA Sanierung durch Handauflegen. Perspektivisch rettet es der Gemeinde aber nicht den Popo und schafft auch für die Zukunft keinen Handlungsspielraum. Wir stehen weiter mit dem Rücken zur Wand.

Schauen wir also auf die andere Seite, die Einnahmen: Viele sind von der Gemeinde nicht zu beeinflussen. Der Anteil aus Umsatzsteuern, die Kreisumlagen und Co. Hmm, vllt. die Hundesteuer? …. Nun ja, auch wenn viele Hundebesitzer sich ggf. denken, dass Gemeinden sich daran eine goldene Nase verdienen, so muss ich diese Leute enttäuschen. Die Hundesteuer macht einen einstelligen niedrigen Prozentsatz des gesamten Kuchens aus.

Tatsächlich gibt es nur eine wirkliche Stellschraube für die Gemeinde: Die Gewerbesteuer. Diese wurde vor nicht all zu langer Zeit erst von der Gemeinde angehoben. Ohne diesen Schritt wäre die Situation wohl noch brenzlicher. Aber insbesondere kleinere Gewerbetreibende fühlen sich durch diesen Schritt in ihrer Existenz bedroht. Nur um eben das Verständnis für die Politik zu schaffen: Wenn wie oben geschrieben die Kommunalaufsicht das Ruder übernimmt, dann wird dieser Steuersatz auf den Höchstsatz angehoben!

Ich vermute das sollte grundsätzlich kein Ziel einer Gemeinde sein. Auch im Sinne der Gewerbetreibenden. Aber wie schaffen wir es, dass wir den Kleinen helfen? Große Konzerne und Handelsketten wie Aldi, Netto, Lidl haben es nicht so schwer. Ehrlich gesagt ist es ihnen vermutlich auch egal, wie hoch die Gewerbesteuer vor Ort ist. Sie sind einfach da und machen ihren Umsatz. Auch Reichelt dürfte es wenig tangieren, so ist das Unternehmen genau da tätig, wo die Zukunft liegt: Im Internet!

Ich möchte an dieser Stelle einen kleinen Exkurs zum Strukturwandel machen: Das Internet ist der heißeste Scheiß in Sachen Einzelhandel. Riesen wie amazon beherrschen den Markt und erhöhen den Druck auf Einzelhändler in den Innenstädten und Gemeinden. Das ist gewiss auch hier in unserem Dorf zu spüren. Diese Entwicklung ist allerdings nicht neu! Vor 20 Jahren wurden kleinere Fachhändler durch Konzerne wie MediaMarkt und Expert verdrängt, die Gemeinden gingen bewusst darauf ein, dass sie in den Innenstädten ggf. 5 Arbeitsplätze riskieren, dafür aber auf der grünen Wiese 20 neue schaffen.

Ähnlich ist es heute. Es wird schwer werden die Menschen davon zu überzeugen nicht im Internet einzukaufen, so sind die Kosten (Miete, Energie, Personal,…) für Versandhäuser ja auch deutlich geringer und sie können bessere Preise anbieten. Diesen Wandel aufzuhalten ist ohne Verbote oder zusätzliche Steuern nicht aufzuhalten. Auch mit diesen Maßnahmen wird sich der Online-Handel weiter durchsetzen. Also wie passt das nun zu Sande und den Gewerbesteuern?

Damit eine Erhöhung der Gewerbesteuer nicht die kleinsten, ohnehin schon gebeutelten Gewerbetreibenden trifft, muss man ihnen unter die Arme greifen. Der Wirtschaftsförderungsverein sollte aus den Mehreinnahmen einen großen Teil bekommen um den Selbstständigen dann unter die Arme greifen zu können. Wir müssen diese Unternehmen fit für die Zukunft machen und ihnen zeigen, wie sie wettbewerbsfähig bleiben können. Mit dem richtigen Know How im Verein vereint und den finanziellen Mitteln hilft das mehr als jede Paket-Steuer.

So kann der Verein beispielsweise die Infrastruktur für den Online-Handel zur Verfügung stellen und kostenfrei betreuen. Für unsere Gastronomen ein Bestellsystem programmieren, was ohne die Gebühren auskommt, wie beispielsweise Lieferando und Co. Die Mehrausgaben der einzelnen fließen also direkt in die eigene Zukunft des Unternehmens. Die Großen helfen den Kleinen und auch die Gemeinde gewinnt ein Stück finanzielle Unabhängigkeit.