Vor knapp einer Woche, am 4. August 2021, gab es im Bürgermeister-Rennen das erste öffentliche Aufeinandertreffen der Kandidat*innen Frau Ramke, Herr Eiklenborg, Herr Vogt und Herr Clemens. Moderiert wurde die Diskussion von Herrn Braun von der NWZ. Mitunter ging es in der Diskussion auch um das Thema „Sander Wäldchen“. Eröffnen durfte die Diskussionsrunde hierzu Herr Eiklenborg, als amtierender Bürgermeister und somit Chef der Verwaltung Sandes. Es wird Zeit, dass wir hier einige seiner Aussagen beleuchten und ins richtige Licht rücken:

Zunächst sei gesagt, dass es in der Politik immer schwierig sein wird, die Interessen aller Menschen ausreichend zu vertreten, da Interessen häufig im Gegensatz zueinander stehen. Auch wird es zu vielen Themen einige Argumente für beide Seiten geben. In manchen Fällen kann es auch vorkommen, dass es für eine Seite mehr Argumente gibt, als für die andere, aber dennoch ist es vllt. clever sich auf die Seite mit den wenigen Argumenten zu stellen. Klingt das jetzt vllt. etwas wirr für Sie? Das mag sein, aber ich möchte es erklären:

Die Ressourcen auf unserem Planeten sind endlich. Manche wachsen nach, teilweise auch recht zügig, aber andere wiederum nicht. Fakt ist, dass wir in den letzten Jahren immer deutlicher die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels spüren. Die außergewöhnlich trockenen Jahre 2018 und 2019, die krassen Niederschläge 2021, etc.. Die Prognosen der Wissenschaftler*innen zeichnen ein düsteres Bild. An vorderster Front steht hierbei der Ausstoß von CO2. Wir stoßen seit Jahren mehr aus, als die Natur binden kann. Hinzu kommt, dass aus wirtschaftlichen Interessen, insbesondere in Brasilien, Regenwälder gerodet werden. Das bedeutet, wir stoßen nicht nur aus, wir zerstören auch den Teil der Natur, der CO2 am schnellsten bindet.

Wenn wir also über Argumente sprechen, dann gibt es einfach ein paar Argumente, die deutlich höher gewichtet werden müssen. Es wird immer Menschen geben, die ein Interesse daran haben Wälder zu roden und Flächen zu versiegeln, aber wir müssen uns im Klaren sein, dass wir nur diesen einen Planeten zur Verfügung haben. Wenn wir das Leben bewahren wollen, dann müssen wir auf ihn acht geben. Das Interesse des Lebens sollte daher grundsätzlich höher eingestuft werden, als wirtschaftliche Interessen. Und somit komme ich schon zur ersten Aussage von Herrn Eiklenborg, mit der er seine Ausführungen im Grund begonnen hat:

Man redet immer so, als würde man ganz was Frevelhaftes vorhaben, das ist ja nicht der Fall.

Stephan Eiklenborg, am 4. August in der Podiumsdiskussion von der NWZ

Es ist schade, dass Herr Eiklenborg es nicht sieht, aber um so wichtiger ist es ihm zu widersprechen. Denn das, was die Gemeinde hier plant ist eben doch ein Frevel. Allein dieser Wald hat ca. 60 Jahre benötigt um zu dem zu wachsen was er heute ist. Natürlich wurde verpasst ihn zu pflegen, was eine kommende Aufgabe unnötig verteuern wird, aber es benötigt Zeit einen neuen Wald wachsen zu lassen, Zeit, die wir längst nicht mehr haben. In diesem Satz ist eine Gleichgültigkeit zu spüren, die mich persönlich anwidert.

Wenn Sie als Kommune keine eigenen Flächen mehr haben, die Sie nutzen können, dann ist die Idee diese Fläche zu nutzen erstmal eine gute Idee.

Stephan Eiklenborg, am 4. August in der Podiumsdiskussion von der NWZ

Wenn die Kommune keine eigenen Flächen hat ist es nachvollziehbar, dass man sich auf die Suche begibt. So wäre es durchaus richtig. Das hat die Gemeinde scheinbar getan und in der Diskussion waren sich Frau Ramke und Herr Eiklenborg einig, dass es scheinbar nur diese Fläche gebe.

Grundsätzlich ist letzteres aber wieder falsch, denn es gibt auch weitere Flächen. Allerdings scheint es bei den anderen Flächen der Fall zu sein, dass die Eigentümer*innen nicht bereit sind sie als Bauland zu veräußern. Ja, das ist schlecht, aber man kann die Eigentümer*innen natürlich schlecht dazu zwingen. Die Gemeinde und auch die sPD geben sich damit zufrieden und suchen krampfhaft nach der nächsten Fläche: Das Wäldchen. Hier finden wir eine verkaufswillige Kirchengemeinde vor. Hurra…

Der Wald hat nun Pech, dass die Kirchengemeinde nicht die Mittel aufbringen möchte (oder kann) den Wald zu pflegen. Hier möchte man sich also sehr gern von diesem Problem trennen. Schade aber, dass die Natur selber kaum eine Lobby hat und man ihr hier scheinbar alle Rechte absprechen kann. Die / der Eigentümer*in einer bestens geeigneten Fläche kann also einen Verkauf aus privaten Gründen ablehnen und der Natur bleibt dies verwehrt. Hier ist übrigens eine nur geringfügig kleinere Fläche, die in meinen Augen ähnlich leicht zu erschließen und nicht so schützenswert ist:

Areal zwischen Oldenburger Damm, Kantstraße und Diekstahlstraße, ca. 1,4 ha nutzbare Fläche

Die Fläche des Waldes zu nutzen ist also eine eher schlechte Idee, denn wir bleiben dabei: Unsere Zukunft und die unserer Kinder hat einfach einen deutlich höheren Wert. Als nächstes bekamen Herrn Eiklenborgs Ausführungen ein ganz neues Ausmaß an „Whataboutism“, weshalb er von mir persönlich nun genau diesen, bereits in der Überschrift genannten Namen bekommen hat. Ich bitte beim nun kommenden Zitat zu entschuldigen, dass die Ton-Qualität der Diskussionsübertragung richtig mies gewesen ist. An mindestens einer Stelle muss ich das im Zitat kenntlich machen, da ich den genauen Wortlaut nicht verstanden habe.

Wenn man jetzt mit dem Argument Klima kommt, dann kann ich das erstmal völlig nachvollziehen, aber, wenn wir übers Klima wirklich in einer Effizienz reden wollen, dann bitte nicht mehr in den Urlaub fliegen, Verbrennungsmotoren in Autos bitte nicht mehr kaufen. Und, wer sich dann ein Elektro-Auto kauft, wird sich Gedanken machen müssen über die Frage, wie viel Energie und CO2 freigesetzt wird bei der Produktion, (….). In Chile werden Unmengen an Trinkwasser verbraucht um da entsprechende seltene Erze zu gewinnen. Also das ist ein riesen Thema und das kann man nicht an diesem Wäldchen festmachen. Das ist mir zu kurz gegriffen, denn Alternativen zu diesen Baugebieten gibt es im Moment nicht.

Stephan Eiklenborg, am 4. August in der Podiumsdiskussion von der NWZ

Den Teil muss man erstmal sacken lassen, aber ich verspreche, das letzte Zitat hat es noch mehr in sich! Aber gucken wir uns seine Argumente an: Herr Eiklenborg spricht von Erzen. Ich vermute mal in erster Linie meint er Kobalt, welches für die Akkus benötigt wird. Darüber hinaus wird er sicherlich auch Lithium meinen, ein seltenes Salz (kein Erz), welches überwiegend in Chile, Argentinien und Bolivien abgebaut wird. Hierbei kommt es tatsächlich zu fragwürdigen Abbaumethoden, die der hiesigen Umwelt schaden und menschenrechtlich ggf. hinterfragt werden müssen. Ich empfehle hierzu diesen kurzen Beitrag von Terra X.

Ja, durch die Elektro-Autos ist der Bedarf an diesen Rohstoffen zunächst stark gewachsen und wird es auch noch eine Weile. Faszinierend ist jedoch, dass diese Akku-Technologie nicht neu ist und bereits seit vielen Jahren in unseren Smartphones, Notebooks und Co eingesetzt wird. Elektro-Autos sind Teil der Lösung in der Klima-Frage, aber sie stoßen auch einer großen Lobby und der Gemütlichkeit alter weißer Männer vor den Kopf. Natürlich wird das Haar in der Suppe gesucht. Nichtsdestowenigertrotz ist das E-Auto wie schon gesagt ein Teil der Lösung, aber wir sind noch mittendrin.

Im Fraunhofer-Institut in Dresden hat man übrigens inzwischen einen Weg gefunden Akkus aus Silicium statt aus Lithium herzustellen. Diese Akkus haben eine deutlich höhere Erreichbarkeit und Silicium ist ein Rohstoff, der überall auf der Erde vorkommt. Tatsächlich ist es in der Erdhülle nach Sauerstoff das am zweitmeisten auftretende Element (bezogen auf den Massenanteil). Ja, mit der aktuellen Technik sind wir noch nicht am Ende, aber eines ist gesichert: Die Verbrenner sind am Ende. Öl ist nicht unendlich auf der Erde und was wir mit der Verbrennung verursachen ist längst geklärt.

Und ja, Urlaube sollte man tatsächlich das eine oder andere Mal überdenken. Fahre ich mit dem Auto? Fliege ich mit dem Flugzeug oder kann ich das Ziel mit dem Zug erreichen? Die Freizügigkeit des Reisens erachten Viele als Gewinn für die Gesellschaft. Dem möchte ich prinzipiell nicht widersprechen. Aber es muss tatsächlich nicht jedes Jahr eine Kreuzfahrt sein oder der Flug in weit entfernte Länder, nur um mich dort zwei Wochen an den Strand zu legen. Aber in diesem Bereich gibt es noch nicht so viele Alternativen. Gänzlich verzichten muss also niemand, aber überdenken und reduzieren wäre tatsächlich ratsam. Das fällt aber nicht auf unser Wäldchen zurück! Und auch im Bereich der Luft- und Schifffahrt wird sich in den nächsten Jahrzehnten bestimmt etwas tun. Ideen sind schon einige da, nur muss der Leidensdruck der Industrie steigen, damit man umdenkt.

All diese Themen können aber von der Sander Politik und Verwaltung nur bedingt beeinflusst werden. Es ist aber sicherlich notwendig, dass die Gemeinde im kleinen Rahmen vor der eigenen Tür anfängt. Und wenn wir dieses Thema aufgreifen, dann folgt nach obiger Argumentation nur die Option, dass der Wald bleibt!

Weil immer von „Grüner Lunge“ gesprochen wird: Wir haben mit Sicherheit kein Sauerstoff-Problem in Sande. Insofern finde ich den Begriff leicht übertrieben.

Stephan Eiklenborg, am 4. August in der Podiumsdiskussion von der NWZ

Dieses Zitat war innerhalb der Diskussion ein ganz neues Level an Ignoranz. Die Auswirkungen des Klimawandels sind global zu spüren und sie werden auch Sande betreffen. Insbesondere als Küstenort werden wir das Ansteigen des Meeresspiegels als erstes zu spüren bekommen. Es geht bei dem Thema nicht einfach nur darum, ob wir genug Luft zum atmen haben. Herr Eiklenborg scheint das Problem des Klimawandels also völlig zu ignorieren oder einfach nicht ernst zu nehmen.

In allen Fällen ist es aber einfach notwendig, dass wir mit Klimaschutz vor der eigenen Haustür anfangen. Jede einzelne Bürger*in, aber auch die Dorfpolitik. Wie heißt es doch so schön? Klein-Vieh macht auch Mist! Zumindest sagte mir das meine Mutter immer. Die Politik prädigt es uns zu jeder Wahl, denn jede einzelne Stimme zählt an diesem Tag. Aber so ist es auch mit jedem einzelnen Baum. Deshalb benötigt Sande auch unbedingt eine Baumschutzsatzung. Aber lasst uns doch mal rechnen:

Faustformel: Ein Hektar Wald speichert pro Jahr über alle Altersklassen hinweg ca. 10-12 Tonnen CO2. Ein Festmeter bzw. ein Kubikmeter Holz hat rund 1 Tonne CO2 gespeichert.

https://www.wald.de/waldwissen/wie-viel-kohlendioxid-co2-speichert-der-wald-bzw-ein-baum/

Wir haben hier ca. 1,8 ha Wald, also sind dort mindestens 18 Tonnen CO2 gespeichert. Statistisch gesehen, gibt es 710 KfZ auf 1.000 Bewohner. Sande hatte mit Stand 30. September 2018 8.801 Einwohner. Also können wir auf ca. 6.249 Autos in Sande rückschließen. Seit diesem Jahr sind für neue PKW noch 95 g CO2 / km zugelassen. Der Einfachheit-halber werde ich mit diesem Wert rechnen. Die durchschnittliche Fahrleistung pro Auto lag im Jahr 2020 bei ca. 13.700 km.

Uff, das sind jetzt erstmal viele Zahlen, aber ich habe die Quellen versucht zu verlinken. Sie sind nicht perfekt, weil auch viele ältere Autos mit höherem Ausstoß zugelassen sind, aber auf irgendwelche Zahlen müssen wir uns für das Rechenbeispiel ja einigen, also machen wir mal weiter und rechnen für Sande:

6.249 Autos x 13.700 km jährliche Laufleistung x 95 g CO2 = 8.133 Tonnen CO2 / Jahr (kaufmännisch gerundet)

Das Wäldchen kann „nur“ ca. 18 Tonnen davon für uns binden. Möchten wir uns also noch weiter darüber unterhalten, ob wir ein Sauerstoff-Problem in Sande haben? Wir sind von Wäldern wie dem Regenwald abhängig, aber wir haben wenig Einfluss auf die rücksichtslose Politik Bolsonaros in Brasilien (um das mal als Beispiel zu nehmen). Aber dennoch wollen wir hier 1,8 ha Wald roden? Wir sollten also nicht roden und woanders neu aufforsten, wir müssen ihn stehen lassen und dennoch woanders aufforsten! Wir leben hier klimatechnisch absolut auf Pump!

Eine weitere Rechnung, bezüglich des „Klein-Viehs“: In Deutschland gibt 10.799 Gemeinden. Wenn jede Gemeinde rücksichtslos 1,8 ha rodet, dann betrifft es eine Fläche von 19.438,2 ha Wald! Das ist eine Fläche, größer als Liechtenstein und bindet pro Jahr mindestens 200.000 Tonnen CO2.

Meine Stimme wird Mr. Whataboutism nicht erhalten. Es sei an dieser Stelle jedoch gesagt, dass sich Herr Eiklenborg in erster Linie durch seine ekelhaften Äußerungen ins Aus katapultiert hat. Wir müssen dennoch bedenken, dass auch Frau Ramke für die Rodung steht.

Das ganze Video mit den Zitaten könnt Ihr übrigens hier ansehen:


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